Entwicklung impulskompensierter Positionier-Antriebssysteme
Marcel Merx | Institut für Mechatronischen Maschinenbau, TU Dresden
Christian Kasper | JAT – Jenaer Antriebstechnik GmbH
Die Produktivität industrieller Fertigungsprozesse ist praktisch immer an die erreichbare Bewegungsdynamik der Arbeitsorgane der prozessführenden Maschinen und Anlagen gekoppelt. Dies gilt in besonderem Maße beim Einsatz frei programmierbarer SPS-, NC- bzw. CNC-gesteuerter Servoantriebssysteme, welche neben typischen Bahnführungsaufgaben in Werkzeugmaschinen – bspw. zum Fräsen, Drehen, Laserschneiden – zunehmend Antriebe mit Konstantdrehzahl bzw. ungleichmäßig übersetzende Getriebe in anderen stationären Arbeitsmaschinen ersetzen bzw. diese ergänzen.
Allerdings geht die Steigerung der Bewegungsdynamik mit höheren Trägheitskräften einher, die als Antriebsreaktionskräfte auf die unterlagerte Maschinenstruktur wirken und diese zu Schwingungen anregen können. Vielfach limitiert diese Schwingungsanregung die Prozessgüte, wodurch das Dynamikpotential der Antriebssysteme nicht vollständig ausgenutzt werden kann. Alternativ zu der oft unwirtschaftlichen Erhöhung der Steifigkeit und Masse der Maschinenstrukturen stellt die an der Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen entwickelte „Impulskompensation“ ein intelligentes Verfahren zur aktiven und adaptiven Verringerung der strukturanregenden Reaktionskraftanteile von elektrischen Vorschubantrieben bereit. Dabei werden durch gezielte Ansteuerung zusätzlicher, entgegen der erwünschten Bewegungsrichtung wirkender „Kompensationsantriebe“ die schwingungsanregenden Reaktionskraftanteile der prozessführenden „Nutzantriebe“ eliminiert. Dabei werden nachweislich gleichbleibende bzw. sogar verbesserte Bewegungsgenauigkeiten bei gleichzeitig gesteigerter Vorschubdynamik erreicht.
Die Jenaer Antriebstechnik GmbH (JAT GmbH) hat als Anbieter innovativer Servo-Antriebskomponenten sowie hochpräziser und hochdynamischer kundenspezifischer Bewegungssysteme das Potential der Impulskompensation erkannt und überführt das Verfahren in Zusammenarbeit mit der TU Dresden in die industrielle Anwendung. Ziel und innovativer Kern des Kooperationsprojektes ist es, adaptive Algorithmen zur Ansteuerung der Kompensationsantriebe simulationsgestützt zu entwickeln und in Form von Technologiefunktionen in die Servoverstärker der JAT GmbH zu integrieren. Die experimentelle Erprobung, der Funktionsnachweis sowie der Beleg der Dynamikerhöhung bei erhöhter Bewegungsgenauigkeit erfolgen an einem mit Linearmotoren ausgerüsteten Versuchsstand.
Im Beitrag wird das Verfahren Impulskompensation zunächst gegenüber konkurrierenden Ansätzen eingeordnet. Die Realisierungsvarianten werden mit Bezug zur Implementierung im JAT-Servoverstärker bzw. zur Implementierung in der übergeordneten Steuerung vorgestellt und das Potential der adaptiven Bahnvorausberechnung auf Basis einer bidirektionalen Filterung herausgestellt. Anhand eines elastischen Mehrkörpersimulationsmodells des Versuchsstands werden die Umsetzungsvarianten der Impulskompensation simulationsgestützt getestet und deren Wirkungsweise und Potential zur Dynamiksteigerung verglichen. Abschließend erfolgt ein kurzer Ausblick auf das weitere Vorgehen im Kooperationsprojekt sowie eine Vorschau auf die von der JAT GmbH neu entwickelten Produkte.